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Klientenzentrierte Psychotherapie in der Seelsorge

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II. DAS KONZEPT DER KLIENTENZENTRIERTEN PSYCHOTHERAPIE (KP) NACH C. R. ROGERS



1. Einführung


Die KP wurde von C. Rogers begründet und ist in ihrer Entwicklung und Anwendung sehr eng mit seiner Biographie und seinen persönlichen Lebens- und Berufserfahrungen verknüpft. Darum möchte ich in einem ersten Schritt zunächst eine biographische Skizze von C. Rogers' Lebensweg versuchen. In einem weiteren Schritt werde ich dann die geschichtliche Entwicklung der KP kurz darstellen und eine Definition der KP in Anlehnung an C. Rogers geben. 


1.1 Carl R. Rogers - Zur Entwicklung von Person und Konzept


1.1.1 Biographische Skizze


Carl Ransom Rogers wurde 1902 in Oak Parks, USA, geboren und wuchs zusammen mit vier Brüdern und einer Schwester in einem recht autoritären protestantisch-calvinistischen Erziehungsmilieu auf, das er selbst gekennzeichnet sah: "durch enge Familienbindungen, eine strenge und kompromißlose religiöse und ethische Atmosphäre und etwas, das auf eine Verehrung des Wertes der schweren Arbeit hinauslief". Beziehungen, Empfindungen und Gefühle waren in diesem Milieu nicht sehr gefragt, außerdem dürften Kontakte außerhalb des familiären Umfeldes eher unerwünscht und selten gewesen sein. 
Später schreibt C. Rogers über seine Gefühle in dieser Zeit: "Wenn ich zurückschaue, wird mir deutlich, daß mein Interesse an Gesprächsführung und Therapie sicher zum Teil aus meiner frühen Einsamkeit erwuchs. Hier war ein gesellschaftlich gebilligter Weg, Menschen wirklich nahezukommen. Er stillte einen Teil des Hungers, den ich zweifellos gefühlt hatte".

Eine wichtige Station in C. Rogers Leben im Hinblick auf die Ablösung von seinem Elternhaus bildete eine Chinareise, an der er als Delegierter eines Vereines christlicher Männer teilnahm. Diese Reise half ihm, sich von den religiösen Einstellungen seiner Familie zu emanzipieren und insgesamt sicherer und unabhängiger zu werden. 

Als 22jähriger heiratete er seine Frau Helen und übersiedelte mit ihr nach New York, um dort liberale protestantische Theologie zu studieren. Doch diesen Weg beschritt er nicht lange, und so wechselte er bald auf die pädagogische Hochschule mit den Schwerpunkten Klinische Psychologie und Erziehungswissenschaften. Über seine beruflichen Motivationen und den Abschied von der Theologie schreibt er: "Daß die Fragen über den Sinn des Lebens und die Möglichkeit einer konstruktiven Verbesserung des Lebens der einzelnen mich wahrscheinlich immer interessieren würden, kannte ich. Ich konnte jedoch nicht in einem Bereich arbeiten, in dem man immer von mir verlangen würde, an eine bestimmte religiöse Doktrin zu glauben. (...) Deshalb wollte ich einen Arbeitsbereich finden, der mir die Freiheit der Gedanken ließ". Dies hat, wahrscheinlich zusammen mit den religiösen Erfahrungen seiner Kindheit, letztlich zur Abwendung von der Kirche geführt. Nach Abschluß seines Studiums und der Erwerbung des Doktorates wurde er 1929 Direktor der psychologischen Abteilung einer Erziehungs-beratungsstelle in Rogester und arbeitete dort bis 1939. In dieser Zeit experimentierte er mit allen möglichen Formen therapeutischer Beratungsmethoden. 

Dabei stieß er auch auf den "beziehungstherapeutischen" Ansatz des Freud - Schülers Otto Rank. O. Rank definierte die therapeutische Beziehung als wachstumsfördernde Umgebung und setzte in der Beratung auf die eigenen Entwicklungskräfte seiner Klienten. Dies sprach C. Rogers sehr an und sollte zu einem zentralen Aspekt der KP werden.
In der Folgezeit von 1939 bis 1963 arbeitete C. Rogers als Buchautor und Professor an den Universitäten von Ohio, Chicago und Wisconsin. Dabei formulierte er in seinem Werk "Counseling and psychotherapy" seine Grundideen der Beratungsbeziehung. 1951 erscheint "Client-Centered Therapy". In den genannten beiden Werken formuliert er sein Verständnis der therapeutischen Beziehung, seine Lehre vom Selbstkonzept und betont die Konzentration auf die Gefühlswelt des Klienten. 

Weiters kommt es in den Jahren 1957-1962 zur Ausdifferenzierung der therapeutischen Grundvariablen (Echtheit, Wertschätzung und Einfühlung), die ich später noch ausführlich behandeln möchte und an dieser Stelle nur kurz erwähne. Anfügen möchte ich dazu, daß C. Rogers diese Grundvariablen durch umfangreiche empirische Analysen einer Vielzahl von Tonbandprotokollen aus therapeutischen Sitzungen als notwendige und hinreichende Bedingungen für konstruktive Veränderungen in der Therapie definierte. 

Weiters wurde er mit seinem Therapiekonzept immer mehr zum Repräsentanten der Humanistischen Therapie, die sich neben den tiefenpsychologischen, verhaltenstherapeutischen und systemischen Therapieformen in der Psychotherapieszene etablierte. 

Ab 1963 begann für C. Rogers noch einmal eine eindrucksvolle Entwicklung. Er entdeckte für sich im Behavioral Science Institut in Ja Jolla, San Diego/ Kalifornien die Arbeit mit Gruppen. Dabei wurde er zu einer treibenden Kraft in der sogenannten "Encounter-Bewegung", in der die Prinzipien der therapeutischen Beziehung auf die Gruppe übertragen wurden. Am Ende seines Lebens beschäftigte er sich noch mit einer Reihe von Dingen; mit der Friedensproblematik, dem Übersinnlichen und auch mit dem, was auf ihn zukam, mit dem Tod. Er starb am 4. Februar 1987 im Alter von 85 Jahren. 



Einer seiner Leitsprüche sei hier hintangestellt. Es handelt sich um einen Spruch Laotses, von dem C. Rogers sagte: "er faßt viele meiner tieferen Überzeugungen zusammen: Wenn ich vermeide, mich einzumischen, sorgen die Menschen für sich selber, wenn ich vermeide, Anweisungen zu geben, finden die Menschen selber das rechte Verhalten, wenn ich vermeide, zu predigen, bessern die Menschen sich selber, wenn ich vermeide, sie zu beeinflussen, werden die Menschen sie selbst". 


1.1.2 Entwicklungsphasen der KP 


In diesem Abschnitt werde ich die einzelnen Entwicklungsphasen der KP, die ich zum Teil schon in der biographischen Skizze andeutete, explizit anführen. Ich möchte aber darauf hinweisen, daß bei einer Trennung in verschiedene Entwicklungsphasen natürlich die Gefahr einer zu klaren und zu einfachen Schematisierung gegeben ist. Auf diese Gefahr weist auch P. Schmid hin, der diese Unterscheidung nicht vornimmt. Ich wähle diese Unterscheidung dennoch, um verschiedene Schwerpunkte in der Entwicklung der KP zu verdeutlichen und anschaulicher zu machen.

· Nicht-direktive Phase

Die erste Phase ist ungefähr zwischen 1940 und 1950 anzusetzen. Rückblickend wird sie durch die Betonung der Nichtdirektivität charakterisiert. Dabei soll der Therapeut eine angstfreie Atmosphäre schaffen, in der der Klient Einsicht in seine Problematik und seine Gefühlswelt bekommt und dadurch selber die Richtung der Therapie bestimmen soll. Die Betonung liegt hier auf den Kräften der Selbstbestimmung der Klienten und nicht auf der Passivität des 
Therapeuten. Die kognitive Einsicht ist in dieser Phase der Entwicklung von großer Bedeutung für den therapeutischen Prozeß.



· Gefühlsreflektierende Phase

Ab 1950 liegt der Schwerpunkt der therapeutischen Interventionen nicht mehr auf der kognitiven Einsichtsfähigkeit des Klienten. "Größte Bedeutung wird der Auseinandersetzung des Klienten mit seiner Gefühlswelt beigemessen. Der Therapeut ist bemüht, durch Echtheit, Wertschätzung und Einfühlung den Klienten in seiner Selbstexploration zu fördern." Außerdem stellt sich heraus, daß das Selbstbild der einzelnen einen Schlüsselfaktor für persönliche Veränderungen darstellt.

· Experientielle Phase

Seit Ende der 70iger Jahre rückt die Bedeutung des Sich-Einlassens des Therapeuten und der Interaktion zwischen Therapeut und Klient in den Mittelpunkt des Interesses. "Experiencing", das freifließende, körperliche und vorbegriffliche Erleben, wird hier zum Schlüsselbegriff. Therapeut und Klient lassen sich auf einen Prozeß der Selbsterfahrung ein. Dabei wird auch das Interventionsrepertoire erweitert, zulässig ist alles, was die Intensität der Beziehung zwischen Therapeut und Klient fördert und was beide sich selbst näher bringt.

Die KP wurde ursprünglich als Einzeltherapie begründet. Ihr Grundansatz hat sich aber in vielen Bereichen als nützlich und effizient erwiesen. C. Rogers schreibt selbst: "Im Bildungsbereich wurde er [der Ansatz, Vf.] als schülerzentriertes Unterrichten, im Bereich des Managements als gruppenzentriertes Führungsverhalten bekannt. Schritt für Schritt fand er Eingang in Encounter-Gruppen, in denen persönliches Lernen gefördert wird, und in letzter Zeit wurde er auch bei Spannungen und Konfliktsituationen zwischen Rassen und Kulturen genutzt. Er kann nicht länger zutreffend lediglich als eine Therapieform charakterisiert werden: Präziser wird er heute als personzentrierter Ansatz bezeichnet" . 



Damit möchte ich das breite Spektrum der Anwendungsgebiete klientenzentrierter Therapie, bzw. des personzentrierten Ansatzes nur andeuten. Die vorliegende Arbeit wird sich jedoch auf die Besprechung der KP beschränken. Es folgt nun eine Definition der KP, wie sie C. Rogers 1980 vornahm.



1.2 Definition der KP



Für C. Rogers ist die KP eine Form der Beziehung mit Menschen, die sich kontinuierlich entwickelt und heilsame Veränderung und Wachstum fördert. Ihre zentrale Hypothese dabei ist, daß die Person in sich selbst über ausgedehnte Möglichkeiten und Ressourcen verfügt, ihre Lebens- und Verhaltensweisen konstruktiv zu ändern. Die Aktivierung der Ressourcen gelingt am besten in einer Beziehung mit bestimmten definierten Eigenschaften.

Wenn dabei der Therapeut oder eine andere hilfreiche Person in der Lage sind, ihr eigenes Echtsein, ihre Anteilnahme und ein gefühlsmäßiges, urteilendes Verstehen zu empfinden und dies zum Ausdruck bringen, dann ist es am wahrscheinlichsten, daß es zu einer solchen Aktivierung und Veränderung beim Klienten kommt.

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Klientenzentrierte Psychotherapie in der Seelsorge

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