4. Therapieziele
Auf Basis des nunmehrigen Wissensstandes durch die
oben angestellten diagnostischen Überlegungen ergeben sich für die
Therapie mit Frau E. folgende therapeutische Ziele:
Erwecken von Vertrauen in die Therapie und in den
Therapeuten. Dabei ist es zunächst wichtig, Frau E. in der
Loslösung von ihrem Exmann zur Seite zu stehen. Durch ein
stabiles, vertrauliches Beziehungsangebot soll die Klientin fähig
werden, ihre Schuldgefühle für ihr Lebenswerk bzw. Lebensunwerk
zu äußern und zu verarbeiten. Die traumatischen Erfahrungen
sind am Anfang der Therapie so massiv gegenwärtig und benötigen
viel Sensibilität und stützende Begleitung, um einer
differenzierteren Wahrnehmung der Klientin zugänglich zu werden.
Ziel ist es, den Selbstwert zu heben und die innere
Sicherheit der Klientin für Entscheidungen und Handlungen zu
stärken. Dabei soll am Beginn der Therapie ein hohes Maß an
Fürsorge gewährleistet sein, um danach die Förderung der
Autonomietendenzen der Klientin zu entwickeln und zu stärken.
Die Gefühle des Unverstandenseins und
Ungeliebtseins sind massiv und benötigen eine verständnisvolle
Annahme in der therapeutischen Beziehung. Die Bearbeitung der
konkreten Beziehungskonflikte und -erwartungen auf dem Hintergrund
der inneren Konflikte zwischen hohem Selbstideal - mit seinen
Norm- und Wertvorstellungen und dem Selbstbild der Klientin soll
dadurch ermöglicht werden. Dies bedeutet ein Aufspüren der
organismischen Sehnsüchte und deren Berechtigung in
Auseinandersetzung mit dem Selbstkonzept.
Es ist jemand da, der mich versteht und mir für
mein Leben keine Vorwürfe macht, der mich annimmt, wie ich bin,
mit meinem Elend.
Die erlebte Fürsorge soll zunehmend zu einer
Annahme der eigenen Lebensgeschichte bzw. der eigenen Existenz
führen, um Eigenfürsorge bzw. Eigenliebe als berechtigtes Gefühl
und Ziel zu gestatten.
Ein weiteres Therapieziel ist es, die oben im
Selbstkonzept veranschaulichten Inkongruenzkonstellationen unter
Bezugnahme auf die oben angestellten störungsspezifischen
Verständnishilfen zu bearbeiten.