Kuli Schwarzert
schrieb am 2.3. und am 4.3.2001 in das Forum:
2001-03-02 22:00:00
Ich habe gerade Gerhards Aufsatz
ueber den geschaeftlichen Aspekt der Psychotherapie gelesen und bin
recht angetan mit seiner hermetischen Harmonisierung - wieder einmal
arbeiten die Widersprueche gut zusammen, und es scheint so, als ob
die geschaeftlichen Zwaenge einer psychotherapeutischen Beziehung am
Ende sogar positiv fuer den therapeutischen Verlauf und fuer den
Therapeuten (nicht nur finanziell) sind. Wie gesagt, ich finde trotz
meines auch vorhandenen Harmonisierungsverdachtes die Schluessigkeit
von Gerhards Behauptungen ansprechend. Nachdem ich allerdings selber
fuer "therapeutische" Arbeit bezahlt werde (im
sellsorgerlichen, nicht im psychotherapeutischen Bereich), muss ich
meine eigene Ueberforderung mit dieser Dynamik oft eingestehen.
Da ist zuerst einmal die Frage der
Integritaet: meine eigenen unbestreitbaren Beduerfnisse (die ich
fuer nichts in der Welt fuer Autonomie umtauschen moechte) bringen
mich oft an einen Ort, wo die geschaeftliche Transaktion zwischen
mir und meiner "Schar" zu einem die Beziehung
gefaehrdenden Aspekt wird. Ich bin kein Meister des Grenzenziehens
(wieder hat dabei meine grundsaetzliche Abneigung vor
"Autonomie" etwas damit zu tun), und so leidet oft meine
Integritaet durch die Gier nach Anerkennung (dabei handelt es sich
bei mir in der Geldfrage zuoberst) in einer Weise, die ich als
ungesund empfinde... [mein Computer wirft mich aus dem Programm; ich
melde mich wieder]
2001-03-04 01:13:29
Zweitens, der sogenannte Helfer beherrscht die therapeutische
Situation nicht souveraen - er muss mit den Einstellungen seines
Gegenuebers, die er als beziehungsgefaehrdend oder sogar ungesund
empfinden mag, fertigwerden. Die Frage ist also nicht nur, wie man
seine eigene Integritaet im Kraeftenetz der Beduerfnisse bewahrt,
sondern wie man mit den Entscheidungen und Kontingenzen des Anderen
umgeht, besonders wenn man diese als zerstoererisch empfindet. So
zum Beispiel empfinde ich in seelsorgerlichen Situationen, wo Geld
ein Faktor ist, dass viele Menschen mit der Macht des Geldes eine
Erwartungs- und Druckhaltung verbinden, die sich starr in den Weg
einer erfolgreichen Beziehungsentwicklung stellt.
Natuerlich kann das zum
Ausgangspunkt einer Diskussion werden, aber dazu muss man wieder die
eigene Integritaet haben, sich nicht von seinen eigenen Macht- und
Geldsicherheiten aus dem Konzept bringen zu lassen. Wenn ihr dazu
Gedanken habt, wuerde mich das sehr interessieren. Integritaet
flirrt mir im Kopf herum: die Idee, dass wir mit Disintegration zu
kaempfen haben und nun versuchen, eine neue Stelle von Ordnung,
Zusammenhang und Beziehungsreichtum herzustellen, wo die Frage nach
Macht und Anerkennung und Geld eine untergeordnete Rolle spielt.
Gerhard hat dem Ausdruck gegeben, als er erwaehnte, dass die
Geldfrage nicht die Beziehung an sich transzendieren darf. Auch ich
moechte zu einem Punkt kommen, wo das, was mich am Ende nicht
weitertragen wird dorthin, wo ich hinwill mit meinem Menschsein,
nicht zu einer Prioritaet aus Ueberlebenszwang oder Traegheit
wird...
Kuli Schwarzert
|