2. Zwischenmenschliche Beziehung
(Zwischen Wunsch- und Albtraum)
2.1. Zur Wahl des theoretischen Schwerpunkts
Die Wahl des theoretischen Schwerpunkts meiner Abschlussarbeit war
neben der Präsen-tation einer entsprechend erfolgreichen, „langen“
Therapie von Anfang der Beschäftigung mit dieser Arbeit an meine
größte Sorge. Die Sorge galt einerseits dem vollkommenen Erfassen
und überzeugenden Darstellen eines Aspekts der klientenzentrierten
Theorie, anderseits und besonders dessen Verknüpfung mit meinem
langen Fall und meiner Arbeit dabei.
Mit Erleichterung habe ich daher einen Hinweis Beatrix’ auf eine
narzisstische Problematik bei meinem Abschlussklienten aufgegriffen,
zumal ich mich davon selbst auch sehr ange-sprochen, betroffen
gefühlt habe. Die vermehrten Supervisionen der letzten Monate,
ohnehin mit Blickrichtung Abschlussarbeit, haben aber den Fokus
meiner Aufmerksamkeit mehr und mehr auf - das Wagnis von - Beziehung
und die Angst vor Beziehung gelenkt. Ich bin Beatrix, Helmut und
Wolfgang dankbar, dass sie mir in den Supervisionen geholfen haben,
mein ängstliches Beziehungsverhalten und vor allem die Vermeidung
von Angst durch die Ver-meidung von zu offener Beziehung zu
erkennen. In der therapeutischen Beziehung selbst wird mir das
seither immer wieder als ein Vor und Zurück erlebbar, was mir
vermehrt beim Bleiben im Vor hilft.
Sehr bestärkt hat mich darin die Lektüre des Buches „The
Psychotherapy of Carl Rogers“ (Farber et al., 1996). Aufmerksam
gemacht von den Kommentaren, ist mir Rogers’ nach-haltiges Verweilen
im Bezugsrahmen der Klienten und mein häufiges Wechseln in meinen
Bezugsrahmen sehr deutlich geworden. Diesen Wechsel in meine Form
des Verstehens empfinde ich immer mehr nicht nur als einen Verlust
an Empathie, sondern als eine Distanzierung, einen Verlust an Nähe.
Dazu kommt, ohne jetzt zu weit vorzugreifen, dass ich ähnliche
Muster an meinem Klienten erkenne und dass es mir allgemein lohnend
erscheint, die Entwicklung einer therapeutischen Beziehung zu
untersuchen zwischen mir als einem Therapeuten, der diese
Beziehungsangst immer wieder erlebt und mit und in ihr ringt, und
einem Klienten, dessen Lebensqualität von seiner Beziehungsangst
wesentlich beeinträchtigt ist.
Ein wenig befürchte ich zwar, dass ich mich damit einer
Selbstverständlichkeit widme, die für mich „als einen Therapeuten
i.A.u.S“ längst erledigt sein sollte - das will ich riskieren. Und
noch etwas: Gerade hier weiß ich nicht, was dabei herauskommen wird
- aber auf das will ich mich mit allen Ängsten einlassen. Ich will
von meinen jüngsten Erfahrungen ausgehen und hoffe neue Erfahrungen
bei der Reflexion meines bisherigen Weges und besonders bei der
bisherigen Arbeit mit meinem „Abschlussklienten“ zu gewinnen.
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