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Sabine Fiala

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1.5 Klientenzentrierte Konzepte

1.5.1 Ansatz von H. Swildens:

1.5.1.1 Symptomatik:

Der narzisstische Klient/ die Klientin zeigt ein arrogantes Selbstgenügen. Es fehlt eine fest fundierte eigene Identität. Auffällig ist die überkorrekte, sehr kontrollierte Fassade und das Fehlen des Vermögens, für andere Empathie aufzubringen, ebenso wie das Fehlen von Schuldgefühl (vgl. Swildens 1991, S. 213 – 217).

1.5.1.2 Phänomenologie:

Wir begegnen KlientInnen, die augenscheinlich darauf ausgerichtet sind, erfolgreich zu sein und bewundert zu werden, die sich schnell angegriffen fühlen, die keine Empathie für andere aufbringen können und kein Schuldgefühl zu haben scheinen, wohl aber Gefühle der Scham, der Missgunst, der Wut und der Minderwertigkeit. Wir sehen ein Selbstkonzept, das Größenideen, exhibitionistische Wünsche, Machtstreben und Perfektionsideale umfasst. Das Selbstkonzept ist keine stabile Struktur, sondern verlangt immer wieder nach äußerer Bestätigung und nach Beifall.
...
Anders als bei Borderline-KlientInnen ist hier nicht die Rede von einem Kriegszustand, wohl aber von einer soliden Bewaffnung; und diese Bewaffnung dient auf den ersten Blick nicht ausschließlich oder überwiegend der Verteidigung, sondern trägt auch offensiven Charakter: der/ die Stärkere, der/ die Schönere, der/ die Intelligentere zu sein und das beweisen zu wollen (vgl. Swildens 1991, S. 213 – 217).

1.5.1.3 Verständnis einer prozessorientierten Gesprächspsychotherapie:

Therapieziel ist, dass der Klient/ die Klientin in seiner/ ihrer menschlichen Würde wieder hergestellt ist und er/ sie sich seinem/ ihrem Gegenüber als einem Wesen nähert, das von der eigenen Art ist und verdient, mit Achtung behandelt zu werden und für das er/ sie Mitgefühl aufbringen kann.
Das bedeutet, dass auf Seiten des Therapeuten/ der Therapeutin das notwendig ist, was vom Klienten/ der Klientin unmittelbar verlangt wird: die Bestätigung, nicht im Sinne von Beifall, sondern als positive Wertschätzung und Respekt.
Gleich darauf wird es für den Klienten/die Klientin nützlich sein, zu bemerken, dass dieses positiv wertende und respektierende Gegenüber auch ein fühlender, denkender, erlebender Mensch ist; dass das Akzeptieren Grenzen hat, und sein eigenes Wertsystem in seinen Interventionen durchklingt.
Vom Gesprächspsychotherapeuten/ der Therapeutin verlangt dies ein hohes Maß an Sensibilität für die hohe Verletzlichkeit des Klienten/ der Klientin und dessen/ deren unzureichend geschütztes Selbstkonzept, sowie Verständnis dafür, aus welch schwacher Position heraus dieses Verlangen nach Bewunderung notwendig wurde.
Die Grundhaltung des Akzeptierens, der Empathie und der Echtheit aus Respekt vor der Person sind der Boden dafür, auch Begrenzungen hinsichtlich ihres Agierverhaltens ziehen zu können.

1.5.2 Ansatz von J. Finke:

1.5.2.1 Bedingungsfreies Akzeptieren und Echtheit:

Im Wissen um die Brüchigkeit des Selbstkonzepts, der nur scheinbaren Autarkie und dem dringenden Bedürfnis nach Anerkennung und Selbstbestätigung auf Seiten des Klienten ist zunächst der Rahmen einer bedingungslosen Akzeptanz für ihn notwendig. Erst wenn er nicht mit vorschneller Kritik rechnen muss sondern die für ihn lebensnotwendige Anerkennung und Wertschätzung auf Seiten der Therapeutin erleben kann, wird es für ihn möglich, in einen Prozess zaghafter Selbstauseinandersetzung treten zu können.
Dabei besteht für die Therapeutin die Schwierigkeit, nicht mit einer schnellen Belohnung für ihr geduldiges Anerkennen rechnen zu dürfen, denn der Klient muss ja seine Sehnsucht nach Bestätigung verleugnen sondern der Therapeutin das Gefühl vermitteln, eigentlich ihrer Hilfe ja nicht zu bedürfen.
Die Therapeutin muss sich also zunächst als anerkennender, bestätigender Spiegel zur Verfügung stellen, zu gebotener Zeit und in überlegter Dosis immer mehr im Sinne von Echtheit auch bereit sein zu spiegeln und zu benennen, was nicht in der Erwartung (im Selbstbild) des Klienten enthalten ist. Ein grundlegendes Gefühl von Respekt und Wertschätzung für sein Geworden-Sein muss darunter für ihn spürbar bleiben, ohne das jegliche Konfrontation mit großer Wahrscheinlichkeit in Streit und Beziehungsabbruch führen wird. Man spricht in diesem Zusammenhang von der „optimalen Frustration“, die der narzisstisch geprägte Mensch in der Therapie durchleben müsse, um kohärente Selbststrukturen aufbauen zu können. Die Therapeutin soll nicht nur sein „spiegelndes Selbstobjekt“ darstellen, sondern als „real person“, das heißt als konkrete greifbare Person dem Klienten gegenübertreten.
Als Interventionsform (insbesondere bei Beziehungsklärungen) ist immer wieder eine (mit den gebotenen Grenzen) echte Selbsteinbringung zu wählen, um das bedrohliche Moment einer für den Klienten beschämenden Selbstenthüllung abmildern zu können.

1.5.2.2 Einfühlendes Verstehen:

Im Wissen darüber, dass narzisstisch geprägte Menschen oft nur über eine diffuse, wenig präzise Selbstwahrnehmung verfügen und oft Schwierigkeiten haben, ihre Gefühle richtig zu differenzieren (die Ausblendung von Gefühlen wie z.B. Enttäuschung, Wut, Traurigkeit war ein lebensnotwendiger Bewältigungsmechanismus) sind als Interventionsmethoden Einfühlendes Wiederholen, Konkretisierendes Verstehen und Selbstkonzeptbezogenes Verstehen besonders geeignet, um dem Klienten/ der Klientin zu ermöglichen, eigene Gefühle zutreffend anzusprechen, zu unterscheiden und sich der eigenen Stellungnahme und Bewertung und damit seiner Identität zu vergewissern (vgl. J. Finke 1994, S. 137 – 140) .
 

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